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Krankentaggeld nach VVG oder KVG?

Die Krankentaggeldversicherung ist für Firmen zwar nicht obligatorisch, aber dennoch ein wirtschaftlich wichtiger Bestandteil, um das Vermögen des Unternehmens zu schützen. Dabei gibt es das Krankentaggeld nach KVG und das nach VVG auf dem Markt, zwischen denen das Unternehmen entscheiden kann. Doch was sind die Unterschiede?

 

Zahlungspflicht des Unternehmens

Vorab zur grundsätzlichen Situation: Wird ein Mitarbeiter des Unternehmens arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Die Dauer der Lohnfortzahlung richtet sich hierbei meist nach den kantonalen Skalen, die eine Staffelung der Dauer je nach Anzahl Dienstjahre vorsieht. Ist jemand mehrmals im Jahr krank, gilt die Anzahl Lohnfortzahlungstage gesamthaft nur einmal pro Dienstjahr, aber die Dauer entsteht für folgende Jahre immer wieder neu. Dadurch werden gerade Langzeiterkrankungen für Arbeitgeber zu einer finanziellen Belastung, dem sie aber mit einer Krankentaggeldversicherung entgegenwirken können. Dabei kann (je nach Konditionen) Taggelder von 80% – 100% abgesichert werden, welche nach der vereinbarten Wartefrist zur Auszahlung kommen. Besondere Vorgaben diesbezüglich können Gesamtarbeitsverträge (GAV) voraussetzen, die in der Versicherung berücksichtigt werden müssen.

Jetzt muss sich die Firma nur noch entscheiden, ob sie die Absicherung nach KVG oder VVG vornimmt.

 

Krankentaggeld (KTG): KVG vs. VVG

Es fängt bereits bei der Grundform an: Die KTG-Versicherung nach VVG ist ein privatrechtlicher Vertrag, der sich nach dem Versicherungsgesetz VVG richtet. Dieser bietet dadurch deutlich mehr Freiheiten bezüglich Konditionen, Zeichnungsrichtlinien und auch Risikomanagement. Beim KTG nach KVG hingegen handelt es sich um eine Sozialversicherung, die das ATSG und das KVG einhalten muss.

 

Vorbehalte und Leistungsausschlüsse

Durch die freie Vertragsgestaltung gemäss VVG können Gesellschaften eine andere Zeichnungspolitik an den Tag legen als KVG-Versicherer. Wie bei anderen Versicherungen nach VVG auch, besteht auch im KTG die Möglichkeit, Versicherungsvorbehalte oder Leistungsausschlüsse aufgrund vorbestehender Krankheiten einzuräumen. Diese dürfen zudem für die gesamte Vertragsdauer hinterlegt werden. Im KTG nach KVG dürfen zwar auch Vorbehalte hinterlegt werden, diese verfallen aber zwingend nach 5 Jahren Vertragsdauer, wodurch bei einer erneuten Erkrankung nach den 5 Jahren auch für diese Krankheit Leistungen gezahlt werden.

Wechselt der Mitarbeiter zudem seinen Arbeitgeber, so darf im KTG nach KVG keine neuen Vorbehalte für zwischenzeitlich aufgetretene Leiden angebracht werden, was den Einstieg gerade für ältere Mitarbeiter erleichtert. Von dem Vorteil kann im KTG nach VVG nicht profitiert werden – hier dürfen Vorbehalte hinterlegt werden.

Des Weiteren können VVG-Versicherer anfragende Firmen ablehnen, während KVG-Versicherer einen Abschluss anbieten müssen. Nun muss man aber sagen, dass KVG-Versicherer nur den Anschein von Wohlfahrtsgesellschaften machen. Auch sie versuchen (aus Sicht der Gesellschaft) kostspielige Risiken in ihrem Portfolio zu vermeiden, in dem sie z.B. dann nur die Versicherung sehr tiefer Taggelder anbieten und/oder sehr hohe Prämien verlangen.

 

Leistungsdauer

Das KTG nach KVG zahlt im Leistungsfall nur 720 Tage innerhalb 900 Tagen Vertragsdauer. Somit wird für einen arbeitsunfähigen Mitarbeiter nur 2 Jahre Krankentaggeld innerhalb von 2.5 Jahren ausgezahlt, unabhängig der «Anzahl Krankheiten», die zum Leistungsanspruch geführt haben. Dagegen zahlt das KTG nach VVG 720 bzw. 730 Tage pro Leistungsfall, wodurch länger Taggelder aus dem Vertrag übernommen werden und eine bessere Koordination mit IV-Renten bewirkt werden kann. Als Beispiel: Mitarbeiter Meier hat wirklich Pech. Zuerst wird er durch ein Nierenleiden für 5 Monate voll arbeitsunfähig. Nach Genesung und Arbeitswiederaufnahme erleidet er jedoch schon 6 Monate später einen Herzinfarkt und fällt erneut aus. Durch das KTG nach VVG wurden bereits die 5 Monate des Nierenleidens gezahlt. Der Ausfall durch den Herzinfarkt wird nicht an die maximale Dauer des Taggeldanspruchs angerechnet, wodurch Herr Meier maximal 720 Tage Taggeld für die Erholungszeit nach dem Herzinfarkt erhält. Beim KVG wären die Dauern beider Krankheitsfälle zusammengezählt worden.

Ein weiterer Unterschied besteht, ab wann der Taggeldanspruch gewährt wird: Beim KTG nach VVG ist es bereits ab 25%, während das KTG nach KVG erst Anspruch ab 50% Arbeitsunfähigkeit einräumt. Bei Arbeitsunfähigkeiten darunter zahlt der Arbeitgeber selber.

 

Leistungszahlung nach Ende Arbeitsvertrag

Endet während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsverhältnis, kommt es sehr darauf an, ob Taggelder aus einem KTG-Vertrag nach KVG oder VVG gezahlt werden. Beim KTG nach KVG endet nämlich aus dem Kollektivvertrag des Arbeitgebers der Taggeldanspruch mit Ende des Arbeitsvertrags. Eine Fortzahlung von Taggeldern wird nur erbracht, wenn der Mitarbeiter in eine Einzeltaggeldversicherung wechselt. Dieses Übertrittsrecht muss jedem Mitarbeiter (egal ob gesund oder krank zum Zeitpunkt der Arbeitsvertrags-Beendigung) angeboten werden. Dabei hat der ehemalige Mitarbeiter das Recht auf gleiche Leistung zu gleichen Prämien wie aus dem Kollektivvertrag. Ein vorbestandener Taggeldanspruch wird an die Bezugsdauer aus der Einzelversicherung angerechnet.

Bei einem KTG nach VVG ist es anders und individuell in den AVB geregelt. Hier endet die Leistungspflicht aus einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit in der Regel nicht, sodass weiterhin Taggelder aus dem Vertrag des ehemaligen Arbeitgebers bis zur Erschöpfung der Leistungsdauer erbracht werden. Dadurch wird in der Regel die Einzeltaggeldversicherung nicht benötigt. Allerdings sehen einige Gesellschaften eine verkürzte Leistungsdauer von 180 Tagen bei Rückfällen vor. Um die volle Leistungsdauer in solchen Fällen ausschöpfen zu können, bedarf es auch hier einen Übertritt in die Einzelversicherung.

Aber Achtung: VVG-Versicherer sind nicht verpflichtet, eine Einzelversicherung anzubieten und können diese ablehnen.

Eine Einzeltaggeldversicherung nach VVG muss nicht die gleichen Leistungen wie der Kollektivvertrag beinhalten und Gesellschaften dürfen auch andere Prämiensätze hinterlegen. Dadurch hat der ehemalige Mitarbeiter keine Garantie auf die vereinbarten Vertragskonditionen des Arbeitgebers.

 

Fazit

Durch die Anlehnung an Sozialgesetze bietet das KTG nach KVG auch denen Arbeitgebern Absicherungsmöglichkeiten, die kein KTG nach VVG angeboten bekommen. Wiederum ermöglicht das KTG nach VVG durch die Freiheiten den meisten Gesellschaften eine bessere Tarifierungsgrundlage, wodurch bessere Konditionen angeboten werden können. Es ist daher nicht verwunderlich, dass KTG-Verträge nach KVG nur einen geringen Prozentanteil auf dem KTG-Markt ausmachen und klassische KVG-Lösungen von den meisten Versicherern nicht mehr angepriesen werden. Stattdessen bieten einige VVG-Versicherer nachgebaute KVG-Lösungen an, die aber auf dem VVG beruhen. So können die typische Leistungsdauer und Taggeld ab 50% Arbeitsunfähigkeit versichert oder Vorgaben von GAV-Verträgen bedient werden, während der Rest die Vorzüge eines KTG nach VVG beinhaltet.