Der Technische Zins gehört in der Beruflichen Vorsorge mit zu den ersten Parametern, die für die Einschätzung einer Pensionskasse herangezogen werden. Doch warum ist er so bedeutsam? Und ist ein hoher oder tiefer Zinssatz nun besser?
Was macht der Technische Zins?
Der Technische Zins ist ein rein kalkulatorisches Mittel. Mit ihm wird das Kapital, welches für die festgelegten Altersrenten «parkiert» wird, aufgezinst. Doch der Reihe nach: Das angesparte Altersguthaben wird bis zur Pensionierung jährlich je nach BVG-Zinssatz und Rendite unterschiedlich hoch verzinst. Zum Pensionierungszeitpunkt wird dann das so angehäufte Kapital in eine jährliche Rente umgewandelt, welche für die gesamte Rentenzeit fix ist. So wird Jahr für Jahr das Kapital für die Rentenzahlungen abgetragen. Das jährliche «Restguthaben» legt die Pensionskasse am Finanzmarkt an, um weiterhin Rendite zu erwirtschaften und die festgelegten Rentenzahlungen mitzufinanzieren. Dabei kalkuliert die Pensionskasse die erwartbare Rendite – das ist der technische Zins. Wird also beispielsweise eine Rendite von 2.25% erwartet, ist der technische Zins auch 2.25% hoch.
Nun sind Finanzmärkte volatil und haben in vergangenen Jahren keine guten Renditen abgeworfen. In solchen Situationen wird der technische Zins für zukünftige Jahre entsprechend heruntergesetzt. Jetzt bleiben aber ja nun die bereits laufenden Renten fix und müssen irgendwie dennoch gezahlt werden. Dafür muss die Pensionskasse nun zusätzliches Kapital vorsehen und Reserven für die Kompensation angreifen.
Somit zeigt der Zins auf, was die künftigen Erwartungen an den Finanzmärkten sind, um Leistungen entsprechend finanzieren zu können. Die Betonung liegt auf «Erwartungen», da die Erwirtschaftung tatsächlicher Renditen nicht unbedingt die Erwartungen erfüllen muss. Durch die Höhe des technischen Zinses können Pensionskassen nun 2 «Sichtweisen in die Glaskugel» vorgeben und ihren Markterfolg beeinflussen:
Sichtweise 1: Hoher technischer Zins für Erhöhung des Deckungsgrads
Der technische Zins wirkt sich auf die Finanzstruktur der Pensionskasse aus. Mit einem hohen technischen Zins (und damit die erwartbare Rendite der Anlagen) muss eine Pensionskasse einen geringeren Barwert (vereinfacht ausgedrückt: Zahlung aus «echtem» vorliegendem Sparguthaben) aufwenden, um Renten zu zahlen. Infolge besitzt die Pensionskasse mehr Vermögen auf der Habenseite ihrer Bilanz, wenn der technische Zinssatz hoch ist. Da wiederum der Deckungsgrad einer Pensionskasse durch das Verhältnis von Verpflichtungen und Vermögen berechnet wird, führt unweigerlich ein hoher technischer Zins auch zu einem höheren Deckungsgrad (hoher technischer Zins = mehr Vermögen = mehr auf der Habenseite gegenüber der Sollseite = höhere Prozente des Deckungsgrads). Somit beeinflusst ein hoher technischer Zinssatz den Deckungsgrad einer Pensionskasse, der ebenfalls eines der Hauptparameter für die Einschätzung einer Pensionskasse ist. So kann sich die Pensionskasse gegenüber Mitbewerbern profilieren und suggeriert eine vermögende Pensionskasse.
Sichtweise 2: Tiefer technischer Zins für mehr Flexibilität und rentierende Anlagen am Markt
Ein hoher technischer Zins zieht nun natürlich auch verantwortungsvolles Anlegen der Pensionskasse auf sich. Schliesslich wollen Pensionskasse nicht riskieren, die Differenzen aus anderen Reserven doch zahlen zu müssen. Dadurch können Sie aber auch nicht so flexibel am Markt auf rentierbare Anlagen reagieren.
Deswegen gibt es Pensionskassen, die den technischen Zins tief halten. Ein tiefer Zins zeigt eine sichere Finanzierung der Renten und somit auch die Robustheit einer Pensionskasse. Durch den tiefen Zins sind die «Verpflichtungen» daraus auch geringer und die Pensionskasse besitzt mehr Spielraum und kann die Aktienquote ihrer Anlage höher setzen, um in vielleicht besser rentierende Anlagen zu investieren. Dadurch kann sie auch flexibler auf Marktschwankungen reagieren. Natürlich wirkt sich wiederum das tiefe Ansetzen des Zinses aufgrund des in Sichtweise 1 beschriebenen Mechanismus auf den Deckungsgrad aus, es können aber höhere Erträge auf dem Rentenkapital erwirtschaftet werden.
Hoher oder tiefer technischer Zins – Das ist hier die Frage!
Nun stellt sich als Versicherter natürlich die Frage: Was ist besser – hoher oder tiefer technischer Zins? Im Endeffekt sind beide Sichtweisen ein Blick in die Glaskugel, niemand kann voraussagen, wie sich die Anlagen entwickeln. Sowohl der hohe technische Zins kann zum Fluch werden, als auch der tiefe technische Zins seine Tücken auf die restlichen Anlagen haben.
Ein hoher technischer Zinssatz ist aber trotz der aktuellen Finanzlage durchaus auch gerechtfertigt. Viele Pensionskassen richten sich nach den Empfehlungen der Schweizerischen Kammer der Pensionskassen-Experten (SKPE), die eine Obergrenze für den technischen Zinssatz berechnet. Da sich deren Berechnungen
unter anderem auf die Entwicklung von Bundesobligationen der letzten Monate richtet (dessen jahrelangen Sinkens in der Vergangenheit aktuell etwas abflachen zu scheint), ist eine höheres Ansetzen des Zinses durchaus erklärbar. Dabei sollte im Hinterkopf behalten werden, dass Pensionskassen seit Jahren mit den steigenden Lebenserwartungen, den hohen durch den Bund festgesetzten Umwandlungssätzen und Mindest-Zinsen sowie den schlechten Anlagejahren in letzter Zeit, zu kämpfen haben. Vielerorts wurden Reserven angefasst.
Sieht also die Empfehlung der SKPE einen höheren technischen Zinssatz vor, werden dennoch viele Pensionskassen (aufgrund der Erfahrungen und Abwägung eigener Renditeaussichten, etc.) wahrscheinlich eher vorsichtig ihren technischen Zins erhöhen. Erhöhen kann sich nur die Pensionskasse erlauben, die sich ihrer Anlage-Erwartungen sicher ist (auch wenn es im Grunde genommen nur ein Blick in die Glaskugel ist).
Es bleibt eine Glaubensfrage, an welche Strategie die Versicherten langfristig festhalten möchten und wie risikofreudig sie sind.